Herausgeber Österreichische Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz
Redaktion und Schriftleitung Lothar Wiltschek, Helmut Gamerith,
Werbung oder Noch-nicht-Werbung?Walter Brugger £ 52
Nokia/Philips, Nokia Martin Reinisch £ 55
Merck Sharp & Dohme Corp vs DPMA Adolf Zemann £ 56
Schnellstarterprämien – Keine Beden-ken gegen die Verfassungsmäßigkeitdes § 9 a Abs 1 Z 2 UWGIvo Rungg/Martin Walser £ 71
Murpark – Unberechtigter Vorwurf der Förderungfremden Wettbewerbs; keine verbotene Beihilfe durchInfrastrukturmaßnahmen der öffentlichen Hand £ 57
alcom-international.at – Kollisionsrechtliche Beurteilung einesKennzeichenstreits mit Auslandsberührung Helmut Gamerith £ 75
Matratzen II – Patentschutz von Erfindungen vor der PatenterteilungHelmut Gamerith £ 83
Vergütung für Trägermaterial – Vorabentscheidungsantrag des OGHzur Auslegung der RL 2001/29/EG („InfoRL“) Manfred Büchele £ 86
ISSN 0029-8921 Verlagspostamt 1010 Wien, Erscheinungsort Wien
Wann liegt Werbung vor und wann (noch) nicht?
prospekten, die im Kellerarchiv vermodern und nicht
verteilt werden, macht man noch keine Werbung.
B. Abgrenzung zur neutralen InformationC. Abgrenzung zur Nicht-Werbung
Besonders interessant ist diese Abgrenzungsfrage dann,
wenn die brachliegende Werbung aus irgendeinem
Grund unzulässig ist (zB Irreführung nach UWG oder
Verstoß gegen ein spezielles Werbeverbot).
Bei der Beurteilung, ob etwas „Werbung“ ist, gilt ein
So war dieses Thema kürzlich Gegenstand eines
großzügiger Maßstab, ein weiter Werbebegriff; nahezu
vom EuGH9) entschiedenen Vorabentscheidungsersu-
„alles“ ist Werbung, insb gilt als Werbung jede Äuße-
chens.10) Der Fall begann so: MSD Sharp & Dohme
rung bei der Ausübung des Handels, Gewerbes, Hand-
GmbH, Deutschland, stellte Informationen über ver-
werks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Warenab-
schreibungspflichtige Arzneimittel (Vioxx/Rofecoxib,
satz oder die Dienstleistungserbringung zu fördern
Fosamax/Alendronat und Singulair/Montelukast) ins
(Art 2 lit a IrreführungsRL;1) das UWG enthält keine
Internet (mit freiem, nicht passwortgeschütztem Zu-
Legaldefinition). Diese Äußerung kann in beliebiger
Form geschehen.2) Auch bei Arzneimitteln gibt es einen
Wenn das bereits als „Werbung“ gilt, dann wäre das
– zwar anders formulierten, aber inhaltlich dem nicht
– aufgrund eines speziellen Werbeverbots bei rezept-
widersprechenden – weiten Werbebegriff; so gelten da
pflichtigen Arzneimitteln – eine unzulässigerweise an
als Werbung alle Maßnahmen zur Information, zur
Laien gerichtete Öffentlichkeitswerbung (vgl Art 88 RL
Marktuntersuchung und Marktbearbeitung und zur
2001/83/EG, § 51 Abs 1 Z 1 AMG: „Laienwerbungs-
Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschrei-
verbot“). In Deutschland darf für verschreibungspflich-
bung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch
tige Arzneimittel nämlich nur bei Ärzten, Zahnärzten,
von Arzneimitteln zu fördern (Art 86 RL 2001/83/
Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen
Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworbenwerden (§ 10 HeilmittelwerbeG). Ähnlich bestimmt un-
ser § 50 Abs 1 Z 2 (iVm § 51 Abs 1) AMG, dass für re-zeptpflichtige Arzneispezialitäten nur bei Personen, die
Es stellt sich die Frage, ob die Darstellung eines Pro-
zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln
dukts samt Verpackung und Angabe der Produkteigen-
befugt sind, geworben werden darf (Fachwerbung). Die-
schaften auf einer Website jedenfalls als „Werbung“ an-
ses Öffentlichkeitswerbungsverbot (Laienwerbungsver-
zusehen ist. IdR wird wohl eine Produktinformation
bot) geht auf Art 88 Abs 1 RL 2001/83/EG (vgl auch
über eine Website – ebenso wie auf Flugblättern – als
Werbung zu qualifizieren und somit der UWG-rechtli-
Der Mitbewerber Merckle GmbH sah daher prompt
chen Beurteilung zu unterziehen sein.5) Was gilt aber,
einen Wettbewerbsverstoß und klagte MSD auf Unter-
wenn für eine Website nicht geworben wird, der „Wer-bende“ also den Domainnamen oder die konkrete Seite
1) RL 2006/114/EG des EP und des Rates v 12. 12. 2006 über irrefüh-
diskret behandelt“ und keine Aufforderung (etwa in
rende und vergleichende Werbung (kodifizierte Fassung), ABl L
Form eines beworbenen Links) gibt, die Website zu be-
suchen? Ist eine vorhandene, an sich frei zugängliche,
2) EuGH 25. 10. 2001, C-112/99 Rz 31, Toshiba Europe GmbH/Katun
Germany GmbH, ÖBl 2001/32, 153, OEM-Nummern.
aber mangels Werbung unbekannt gebliebene Webseite
3) RL 2001/83/EG des EP und des Rates v 6. 11. 2001 zur Schaffung
eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl L 2001/311, 67.
4) Ähnlich gilt bei der Tabakwerbung als Werbung jede Art der kom-
merziellen Kommunikation mit dem Ziel oder der direkten oder indi-rekten Wirkung, den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern
Die Abgrenzung der Werbung zur Nicht-Werbung im
(Art 2 lit b TabakwerbeRL 2003/33/EG).
Sinne einer Nicht-Äußerung oder einer nicht als
5) Vgl OGH RIS-Justiz RS0120521. Sogar die Verwendung eines Zei-
chens als Domainname kann schon als relevanter Markeneingriff ge-
Werbung beabsichtigten Äußerung kann im Einzel-
wertet werden (OGH 11. 12. 2007, 17 Ob 22/07 w, personalshop.
fall schwierig sein. So ist etwa anerkannt, dass eine
de, ÖBl 2008/30, 139); umso mehr kann mE die Verwendung einesDomainnamens als (Teil einer) Werbemaßnahme gewertet werden.
von unabhängigen Dritten (zB Stiftung Warentest)
6) Herzig in Wiebe/Kodek (Hrsg), Komm UWG § 2 a Rz 105.
durchgeführte Konsumenteninformation – mangels
7) Herzig in Wiebe/Kodek (Hrsg), Komm UWG § 2 a Rz 13.
Werbeabsicht – keine Werbung ist,6) obwohl im Allge-
8) Herzig in Wiebe/Kodek (Hrsg), Komm UWG § 2 a Rz 11. 9) EuGH 5. 5. 2011, C-316/09, Vorabentscheidung über das Ersuchen
meinen eine Werbeaussage durch Dritte sehr wohl
des BGH im Verfahren über eine Klage Merckle GmbH gegen MSD
(dem Unternehmen zurechenbare) Werbung ist.7)
Sharp & Dohme GmbH wegen Öffentlichkeitswerbung der MSD über
eine Website, ÖBl-LS 2012/8, Vioxx.
10) BGH 16. 7. 2009, Vorabentscheidungsersuchen nach Art 267
förderungsziel.8) Plastisch ausgedrückt: Mit Werbe-
Ü Walter Brugger Ü Werbung oder Noch-nicht-Werbung?
lassung unzulässiger Laienwerbung. Üblich (und zwei-
duktinformation könne den Dialog zwischen Arzt
fellos rechtskonform) ist es nämlich, mit Informationen
und Patient positiv befruchten.15) Insoweit war der
über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet
OGH im Fall „Pro Herz“-Broschüre bekanntlich viel
nur so zu werben, dass aufgrund eines sog „DocCheck“
strenger16) und wird seine Ansichten mE wohl iS einer
(geprüfter Name und Passwort) nur berechtigte Perso-
einheitlichen Anwendung von Unionsrecht revidieren
nen darauf Zugriff haben (zulässige „Fachwerbung“)
Darauf gründet der EuGH die Ansicht, dass eine
Im konkreten Rechtsstreit Merckle/MSD stellte sich
sachliche Information, die nur jene – behördlich ge-
dem BGH die Frage,11) ob durch die nicht beworbene
nehmigten – Angaben enthält, die auf der Arzneimittel-
Darstellung im Internet die (rezeptpflichtigen) Arznei-
packung (getreue Wiedergabe der Umhüllung des Arz-
mittel überhaupt beworben werden, wenn die Darstel-
neimittels) und in der Packungsbeilage (Beipackzettel)
lung nur jene Informationen enthält, die dem Produkt-
stehen, keine Werbung ist (und somit in concreto
erwerber ohnedies zugänglich werden und außerdem
das Laienwerbeverbot nicht greift); nur zusätzliche
nur durch aktive Suche im Internet auffindbar sind.
Elemente – zB Auswahl und Umgestaltung dieserAngaben – könnten eventuell doch für eine Einord-nung als Werbung sprechen.17) Zusätzlich zog der
EuGH ins Kalkül, dass die Website-Links (die Websei-
Der EuGH ging vom eingangs zitierten weiten Werbe-
ten) offenbar nicht beworben wurden (keine Werbe-
begriff des Art 86 Abs 1 RL 2001/83/EG aus. Auch
banner oder Pop-up-Fenster), sondern nur als „Pull-
sachliche Information könne Werbung sein, aber Wer-
Dienste“ („passive Darstellungsplattform“) für jene
bung unterscheide sich von einfacher Kommunikation
User verfügbar waren, die durch einen „aktiven Such-
durch „das Ziel der Botschaft“, nämlich die Abgabe,
schritt“ die Informationen suchten,18) etwa weil sie die
den Verkauf oder den Verbrauch zu fördern. Hingegen
Packungsbeilage verloren hatten.19) Objektive Informa-
falle eine „rein informatorische Angabe ohne Werbeab-
tion der Laien könne eine gefährliche Selbstmedikation
sicht“ nicht unter das Werbeverbot der RL.12) Obwohl
der Produzent immer ein Interesse an der Vermarktunghabe, könne aus dem bloßen Umstand, dass eine Infor-mationsverbreitung vom Hersteller ausgehe, noch nicht
zwingend auf eine Werbeabsicht geschlossen werden.
12) EuGH (FN 9) Rz 31 – 32. 13) EuGH (FN 9) Rz 34.
Erst ein zusätzliches Verhalten, eine Initiative oder
ein Vorgehen des Produzenten könne auf eine Werbe-
15) EuGH (FN 9) Rz 38. 16) OGH 29. 4. 2003, 4 Ob 75/03 p, Pro Herz, ÖBl 2003/72, 267
(Gamerith) Klage wegen einer nach der Verschreibung an Laien aus-
Der EuGH meint, dass die Verschreibungspflicht
gegebenen Broschüre „Pro Herz Tipps & Tricks“ mit präparatbezo-
an sich schon eine Barriere aufstelle, sodass die Bot-
genen Angaben (vom OGH verboten mit der Begründung, die Pati-enten könnten für eine Folgeverschreibung beeinflusst werden und
schaft des Produzenten nicht unmittelbar in eine Kauf-
entscheidung münden könne (und eine Produktinfor-
17) EuGH (FN 9) Rz 43 – 44. 18) EuGH (FN 9) Rz 47.
mation daher keinen Werbecharakter habe).14) Eine
vor Verschreibung an die Patienten gelangende Pro-
Was ist aus diesem Urteil des EuGH abzuleiten? Im
Speziellen ist daraus abzuleiten, dass Pharmahersteller
die Packungsbeilage auch verschreibungspflichtiger
Arzneimittel „endlich“21) unverändert ins Internet ein-stellen dürfen; im Allgemeinen – auch für das UWG – ist
festzuhalten, dass eine rein passive Darstellungsplatt-
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Über den Autor:Dr. Walter Brugger ist Gründungspartner der Kanzlei DordaBrugger Jordis in Wien. Kontaktadresse: Dr-Karl-Lueger-Ring 10, 1010 Wien. Tel: (01) 533 47 95-13
21) So der Jubelruf auf www.leukaemie-online.de/index.php?
option=com_content&view=article&id=900:beipackzettel-von-
medikamenten-duerfen-endlich-ins-internet&catid=46:politik&
EuGH liberalisiert Arzneimittel-Fachwerbung punktuell,
Itemid=2 (abgefragt am 24. 10. 2011) unter Berufung auf die Aerzte-
Ü Walter Brugger Ü Werbung oder Noch-nicht-Werbung?
The Use of Metformin in the Polycystic Ovary Syndrome There is increasing interest in the use of Metformin in womenwith PCOS. This information sheet outlines the current state ofSerious side effects to Metformin treatment are very rare. Inknowlegdge regarding its use in this condition. particular, Metformin does not cause hypoglycaemia. In the firstweek of taking Metformin, an upset stomach
GAUHATI UNIVERSITY Results of M.A./M.Sc. 4th Semester Examinations 2012, held in July 2012 under Institute of Distance and Open Learning (05) POLITICAL SCIENCE List of successful candidates (in order of Merit): Appeared: 632 Passed: 326 Grand Total 1st Class: 2nd Class: Simple Pass: List of W1 candidates (those who have not cleared the 1st/2nd/3r