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Angeschlossen an Wunder?

ADD. Depression. PMS. Schlaflosigkeit. Was haben all diese Symptome gemeinsam? Sie werden
behandelt mit einer neuen Form von High-Tech Biofeedback. Öffnen Sie nun Ihren radikalen
Wissenschafts-Horizont. Hier ein Bericht über aufregende Möglichkeiten unserer Gehirnwellen.

Johannes Geburt war eine mühsame Sache. Drei Monate vor der Zeit wog er nur gerade ein Pfund und
sein frühes Kommen verursachte ihm eine schweres neurologisches Handicap. Als er vier Jahre alt war,
kam er eines Abends ins elterliche Schlafzimmer, jaulend und unfähig zu sprechen. Sie beobachteten
ihn, masslos erschrocken, wie eine Seite seines Körpers in eine Schüttellähmung überging und er
bewusstlos wurde. Johannes Anfälle passierten oft nachts, und seine Eltern hatten immer kleines
Reisegepäck parat um schnell zum Notfalltransport ins Krankenhaus bereit zu sein, wo er Valium-
Injektionen erhielt. Er hatte oft kleine Anfälle tagsüber. Seine Diagnose war auch zerebrale Lähmung, die
seine feine und gröbere Bewegungsmotorik verringerte. Seine Lernunfähigkeiten schlossen attention
deficit disorder und Hyperaktivität ein. Er hatte Sprachprobleme und knirschte dauernd mit den Zähnen.
Sein Schlaf war gestört und er wachte 10 bis 11 mal nachts auf.
Wie viele Kinder mit Epilepsie bekam Johannes zwei starke anfallhemmende Mittel: Depakote und
Tegretol. Beide machten ihn depressiv und beide haben schwere Nebenwirkungen. Folglich war der
Junge oft apathisch und müde. "Wir spürten, dass der Junge seine Persönlichkeit verlor", sagte seine
Mutter. "Er war nicht 'da'". Ich kannte Johannes seit seiner Geburt; die unglaubliche Geschichte seiner
Geburt machte ihn zu so etwas wie einer Berühmtheit in unserer Stadt Helena, Montana. Vor zwei Jahren
war ich in Santa Fe, ich probierte verschiedene Technologien aus um Spitzenleistungen des Gehirns zu
trainieren; während ich dort war, hörte ich von einer neuen Technik zur Behandlung von Epilepsie - eine
natürliche Methode genannt elektroenzephalographisches (EEG) Feedback oder Neurofeedback, das oft
das Bedürfnis nach Drogen verminderte oder ganz wegnahm. Ich war skeptisch, aber ich erwähnte es
gegenüber Johannes Mutter auf einer Weihnachtsfeier. Sie fuhren dreihundert Meilen nach Jackson,
Wyoming. Während einer Woche absolvierte Johannes jeden Tag eine zwei Stunden dauernde Sitzung
mit einem computerisierten Biofeedback-Programm.
Innerhalb nur weniger Tage verbesserte sich Johannes Zustand erheblich. "Sein Zähneknirschen und
seine Schlafprobleme verschwanden", sagte seine Mutter. "Wir konnten uns zum ersten Mal überhaupt
mit ihm unterhalten. Er wollte schneiden, zeichnen, nähen und stopfen. Er konnte das vorher nie."
Ungefragt bemerkten Freunde und Verwandte, dass er zentrierter wirke. Später wiederholte Johannes
das Trainingsprotokoll eine weitere Woche. Die Ergebnisse waren ähnlich. Johannes Kinderneurologe,
Don Wight - der vorher extrem skeptisch war - untersuchte den Jungen. Danach schloss er, er habe eine
neue und aufregende Methode gefunden sein praktisches Instrumentarium zu bereichern: "Es fand eine
qualitative und quantitative Verbesserung in der Art statt, wie der Junge funktionierte," sagte Don Wight.
"Es war sehr real."
Johannes Eltern kauften eine dieser Maschinen und spendeten sie dem örtlichen Krankenhaus, wo Wight
sie in seiner Praxis benutzt. "Für die meisten Patienten ist es eine gute Methode, einen Typ Medikament
einzunehmen, um die Anfälle zu kontrollieren," sagt er. "Ich möchte Neurofeedback bei Leuten
verwenden, die zwei Typen einnehmen oder hohe Dosen oder deren Anfälle nicht kontrollierbar sind."
Und was ist mit Johannes? Obwohl er vielleicht das Neurofeedback-Training sein Leben lang fortsetzen
muss, wird die Qualität dieses Lebens sehr wahrscheinlich dauerhaft verändert bleiben.
Neurofeedback ist eine neue Art computerisiertes Biofeedback, das mit dramatischen Effekten begonnen
hat seinen Weg ins medizinische Versorgungssystem zu gehen. Es ist sehr anders verglichen mit dem
herkömmlichen Biofeedback, das in den sechziger Jahren entwickelt wurde, vorrangig für die
Entspannung von Stress, zur Verringerung von Inkontinenz und Schmerz. Für eine weitere Reihe von
Symptomen - Epilepsie, ADD, innere Kopfverletzungen - existieren Studien und viele anekdotische
Erzählungen, die bezeugen, dass Neurofeedback effektiv ist. Andere Forschungen lassen vermuten,
LIB Lerninstitut Basel, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 061 272 24 00, www.lerninstitut.ch File: LIB/Neurofeedback/Artikel/Angeschlossen an ein Wunder.doc dass es bei chronischem Drogenmissbrauch hilft und nachtraumatischen Stressstörungen. Für weitere
Symptomatiken, wie das Tourette Syndrom, Schlafstörungen, Depression und Autismus gibt es
individuelle Fallstudien, jedoch noch wenige Kontrollstudien wurden durchgeführt. "Das Phänomen ist
robust", insistiert Dr. Siegfried Othmer, Physiker und Gründer von EEG Spectrum, eine von einer
Handvoll Firmen in den Staaten, die Biofeedback-Ausrüstung verkaufen. Othmer und seine Frau Sue
traten in dieses Fach 1987 ein, als eine Behandlung wundersame Veränderung in ihrem Sohn bewirkte,
der wie Johannes an lebensbedrohlichen epileptischen Anfällen litt.
Nachdem ich Johannes Transformation aus der Nähe gesehen und mit anderen, die auch Neurofeedback
anwandten, gesprochen hatte, war meine Neugier angestachelt. Was könnte es einem einigermassen
gesunden, 42 Jahre alten Erwachsenen mit dem üblichen Sortiment an midlife-Problemen bringen:
gelegentliche Erschöpfung, eine leichte, milde Depression, ab und zu Schlafprobleme? Als ich die Arbeit
an diesem Artikel begann, unterzog ich mich auch einigen Trainings-Sitzungen. Die Ergebnisse waren
überraschend. Aber zuerst, schauen wir einmal, was Neurofeedback eigentlich ist - eine mögliche
Methode für das, was Medikamente und Therapie oft nicht können; und schauen wir in das Fenster, das
es öffnet für das grösste Mysterium überhaupt, das menschliche Gehirn.
Musik im Gehirn

Neurofeedback spielt heute einesteils eine Art Heldenrolle, andererseits ist es wie ein Waise. Trotz schon
überzeugender Forschungsergebnisse, die seine Wirksamkeit belegen, hat es nur am Rande zu tun mit
den heissen Themen in der Neurowissenschaft: den Neurotransmittern. Sehr viel weniger schick und "im
Trend" als Prozac oder Paxil, scheint Neurofeedback zu wirken, indem es Frequenzen beeinflusst.
Frequenz ist die Masseinheit für die Bewegung der elektrischen Ladungen durch die Gehirnzellen. Das
menschliche Gehirn wird vermessen in vier elementaren Frequenzbereichen. In Delta, dem Schlafzu-
stand, bewegen sich die Signale sehr langsam durch Agglomerate von Neuronen, gerade bis 4-mal pro
Sekunde oder Hertz. Darüber ist Theta, von 4 bis 8 Hertz, ein tief entspannter Zustand. Dann kommt
Alpha, ein weniger entspannter Zustand, von 8 bis 13 Hertz. Die schnellsten Gehirnwellen findet man in
Beta, sie repräsentieren normales Wachsein. Es gibt jedoch verschiedene Bereiche in Beta, von
niedrigem Beta, in dem man von 12 bis 15 Hertz entspannt aber wach ist, zu mittlerem Beta, etwa 15 bis
19 Hertz, bis hoch zu einem erregten Hyperzustand von hohem Beta bei 35 Hertz.
Obwohl die Frequenzmessungen mit dem EEG relativ grob sind, scheinen sie ein Fenster in die
Erregungszustände des Gehirns zu öffnen. Forscher glauben, dass die Probleme auftauchen, wenn die
operierende Geschwindigkeit jemandes Gehirn entweder zu niedrig ist (Unterrregbarkeit) oder zu hoch
(Überrregbarkeit). Othmer sagt es so: "einige Menschen können das Gaspedal nicht finden, während
andere den Fuss davon nicht wegbekommen." Es gibt die seriöse Spekulation, dass die Erregungszu-
stände eine Hauptkomponente in einer ganzen Reihe von Störungen darstellen - und seine dominante
Stellung kann der Schlüssel sein zur manchmal wundersamen Effektivität des Neurofeedback. Das
generelle Ziel? Das Gehirn zu stabilisieren, es robuster zu machen, damit es nicht so leicht in Unter- oder
Übererregung abkippt.
Die Art, das menschliche Bewusstsein durch das Prisma des Neurofeedback zu sehen, reicht zurück zu
einer Erregungstheorie, die in den fünfziger Jahren populär war. Dieses Modell schneidet das Spektrum
der psychologischen, diagnostischen Kategorien durch in nur zwei physiologische Parameter: Stabilität
und Erregung. Gemäss dieser Theorie liegt die optimale Geschwindigkeit des menschlichen Gehirns bei
14 Hertz. Wenn die Haupt-Aktivität niedriger liegt - 8 bis 13 Hertz -, dann kann sich ein Mensch müde
fühlen und er/sie sucht Anregung durch Kaffee oder anregendes Verhalten. Er/sie mag depressiv sein,
unter ADD leiden und eine leichte dissoziative Störung zeigen. Übererregbarkeit, auf der anderen Seite,
bedeutet, dass ein Mensch Schwierigkeiten hat abzuschalten und gern einige Gläser Wein am Ende des
Tages trinkt um das Erregungsniveau zu modulieren. Oder er/sie benötigt Valium. Angstattacken,
Überwachsamkeit, Stress und obsessives Verhalten sind Symptome der Übererregung.
Angeschlossen ans Glücklichsein

Neurofeedback Sitzungen machen überraschend Spass und sind einfach: sie sind wie Computerspiele,
bei denen jeder Zug durch das Bewusstsein gesteuert wird. Die Technik jedoch, die im Neurofeedback
verwendet wird, ist ziemlich komplex und die Preise bewegen sich von 3.000 bis 9.000 Dollar. Die
Gehirnwellen müssen kartographiert und analysiert werden, um ihre Abweichung von der Norm
festzustellen. Wenn z. B. zuviel Theta diagnostiziert wird - was oft bei Gehirntrauma und in Depressionen
vorkommt - und nicht genug Beta da ist, dann wird der Therapeut die Versuchsparameter in Richtung
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etwas gesünderes "brainmap" einstellen. Eine Sitzung mag daraus bestehen, ein spezielles
Computerspiel zu spielen - in dem ein greinender pacman feindliche Figuren auffrisst oder ein Ballon
versucht dem Himmel entgegenzufliegen - des Patienten Gehirnwellen werden währenddessen
permanent überwacht. Jedes Mal wenn die Gehirnwellen ihren Weg in den optimalen Zustand finden,
vorgegeben durch des Therapeuten Parameterwahl, dann wird der Patient belohnt durch ein positives
Feedback: pacman frisst seinen Feind oder ein schöner Ton erklingt. Irgendwo zwischen fünf und fünfzig
Sitzungen scheint das Gehirn seinen optimalen Zustand von selbst zu finden.
Einer der genialen Aspekte des Neurofeedback ist, dass es perfekt an jeden individuellen Anwender
angepasst werden kann. Das Training wird so gestaltet, dass es fordernd und spannend ist, aber nicht zu
schwierig, sodass die Patienten langsam und stetig in ihre optimalen Gehirnzustände hineingleiten
können.
Die mutigen Anfänge des Neurofeedback

In den Sechzigern war Neurofeedback ein revolutionärer Weg, in das Bewusstsein und seine Fähigkeiten
hineinzusehen, und es fiel zusammen mit anderen, mehr zweifelhaften Neuigkeiten. Neurofeedback
wurde reklamiert von Leuten, die an Bewusstseinserweiterung interessiert waren, meist in Form von LSD
und Meditation, und seine Assoziation mit östlicher Mystik und Parapsychologie brachte ihm in der
wissenschaftlichen Öffentlichkeit einen zwielichtigen Ruf ein. Als ich jedoch der frühen Forschung
nachging, war ich erstaunt über einige bemerkenswerte Studien. Einer der frühen Pioniere des
Neurofeedback war Dr. Barry Sterman, Professor für Neurobiologie und biologischer Verhaltens-
Psychiatrie an der UCLA Schule für Medizin. Er experimentierte mit einer Art Beta genannt "sensory
motor rhythm" (SMR), von 12 bis 15 Hertz Beta, und es gelang ihm, die Epilepsie zu behandeln.
Stermans Originalarbeit fand statt an Katzen. Er pflanzte ihnen Elektroden ein und benutzte EEG
Ausrüstung für eine Studie, die von nationalen Gesundheits-Instituten gefördert wurde. Er fand, dass
Katzen trainiert werden konnten, ihre Gehirnwellen zu kontrollieren. Wenn er diese trainierten Katzen
giftigen Dämpfen, die normalerweise epileptische Anfälle hervorrufen, aussetzte, so hatten sie viel
weniger Anfälle als untrainierte Katzen. Das Experiment wurde wiederholt mit Affen. In beiden
Versuchsreihen zeigte sich, dass das Training physiologische Veränderungen in den Gehirnneuronen
hervorrief.
Sterman ging einen Schritt weiter und machte die Versuche an Menschen mit schwerer Epilepsie. Er
erzielte eine 60 prozentige Reduktion der Anfälle bei 60 Prozent seiner Patienten. Zahlreiche weitere
Experimente an mehr als ein Dutzend anderer Institutionen zeigten inzwischen noch höhere Erfolgsraten,
und die Behandlung der Epilepsie ist das am meisten etablierte Protokoll im Neurofeedback. Sterman,
der heute Forschungsdirektor bei EEG Spectrum ist, theoretisiert, dass das Training möglicherweise
benachbarte gesunde Neuronen aktiviert die Aufgaben der beschädigten zu übernehmen. Wir sind noch
weit entfernt davon zu verstehen, warum Neurofeedback das leistet was es tut, aber Sterman hält dafür,
dass, "wenn das neurale Substrat intakt ist, es trainiert werden kann."
Einer von Stermans Forscherkollegen, Dr. Joel Lubar an der Universität von Tennessee in Knoxville,
führte die Arbeit weiter und in eine neue Richtung. Er beobachtete, dass die Hyperaktivität bei Patienten
abnahm, die wegen Epilepsie trainiert wurden, und er entwarf aufgrund dieser Beobachtung das
Protokoll, das derzeit für die Behandlung von ADD verwendet wird.
Angeschlossen in den Schulen

Ein Ort, in dem die Behandlung von ADD ausgetestet wird, ist das Enrico Fermi Zentrum für Bildende
Künste in New York. Vor drei Jahren wurde die Zentrumsassistentin Linda Vergara damit konfrontiert,
ihren Sohn von einer privaten Schule zu nehmen, weil er unter Hyperaktivität litt. Innerhalb nur weniger
Sitzungen, sagte sie, begann er sich zu verändern; und zwar gründlich. "Er begann während des
Abendessens sitzen zu bleiben", erzählt sie, "und er beendete seine Hausaufgaben".
Ihre Erfahrung brachte sie dazu, eine EEG Neurofeedback Maschine in eine zentrale Schule zu bringen
mit etwa eintausend minderjährigen Schülern. Drei Jahre und "fünfzig Kinder später" lief das Programm.
"Es hat das Leben vieler Leute hier verändert," sagt Frau Vergara. Das Programm wird gerade
ausgedehnt auf zwei weitere Schulen in Yonkers und vielleicht, so Mitglieder der Schulleitung, auf alle 22
Schulen im Distrikt. Bis dato hat Neurofeedback 20 Schülern teure Spezialerziehungs-Programme erspart
und dadurch dem Distrikt schätzungsweise 500.000 Dollar eingespart. Als ich neulich die Schule
besuchte, waren Eltern, Lehrer und Schüler begeistert von dieser Alternative zu Ritalin.
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"Wenn es hier funktioniert," sagt die Psychologin Mary Jo Sabo, die Frau Vergara half die Technik nach
Enrico Fermi zu bringen, "dann funktioniert es überall."
Und hier weitere faszinierende Neuigkeiten: Bei der Behandlung von ADD sehen Therapeuten und Eltern
andere positive Veränderungen im Verhalten. Sterman sah, dass sich ADD verringert bei der Behandlung
auf Epilepsie, und er stellte Verbesserung des Schlafes fest. Rachel Campanella, eine Lehrerin bei
Enrico Fermi, erzählte mir eine Geschichte eines Jungen in ihrer Klasse mit Namen Nelson. "Seine Eltern
sorgten sich um ihn. Er kam in die Klasse und legte seinen Kopf aufs Pult," sagt Frau Campanella. "Er
hatte kein Selbstbewusstsein, zeigte keine soziale Interaktion. Wenn ich mit ihm sprach, nickte er mit
dem Kopf. Monatelang wusste ich nicht, ob er Zähne hatte, weil er nie lachte. Er war wie ein Baby in dem
Körper eines grossen Jungen."
Nelson begann das EEG-Training im März 97. "Im Juni," sagt Frau Campanella, "hob er seine Hand zum
erstenmal überhaupt. Er begann zu sprechen, zu lachen. Er sprach in ganzen Sätzen. Jetzt kommt er
vorbei und grinst und sagt, `Hallo Frau Campanella`." Obwohl diese Fallbeispiele, wie das von Nelson,
keinen Beweis für die Effektivität dieser oder einer anderen Behandlungsmethode abgeben, machen sie
jedoch starken Eindruck.
Ein anderes Gebiet, auf dem Neurofeedback erfolgreich ist, ist die Behandlung von inneren
Kopfverletzungen. Deren Symptome reichen von plötzlichen Stimmungsänderungen zu Irritierbarkeit bis
Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, Verwirrung, Kopfschmerzen, Übelkeit, Bewusstseinstrübung. Es gibt
keine Medikamente, um innere Kopfverletzungen zu behandeln; eine Erholung passiert üblicherweise von
selbst innerhalb von zwei Jahren. Der Psychologe Dr. Steven Stockdale, Direktor des Neurologischen
Gesundheitszentrums in Colorado Springs, ist einer von vielen Therapeuten, die Neurofeedback für
leichte innere Kopfverletzungen benutzen. Er setzte eine Dreijahres-Studie mit 60 Patienten an, bei der
nach zwei Jahren die Patienten noch unter Symptomen leiden. Er fand, dass "ungefähr 80 % der
Patienten das Feedback lernen, bei ihnen reduzieren sich die Symptome um 75 %. Sie werden einfach
klarer."
Die Technik hilft auch bei nachtraumatischen Stressstörungen. Der Psychiater Daniel Kuhn, M. D., aus
New York City, behandelt Veteranen des Israeli-Krieges 1973. Auch wenn bei PTSD die Standard-
Psychotherapie erfolgreich ist, bleiben kognitive Probleme. "Man kriegt die Patienten da nicht raus. Nichts
funktioniert so gut wie Neurofeedback, damit sie klarer werden", sagt Kuhn.
Ich füttere meinen Kopf

Ich selbst begann meine eigene Reise beim Neurofeedback mit dem Betatraining. Ich war neugierig zu
wissen wie die Technologie funktioniert, speziell nachdem ich vom Clean Windshield Effekt erfuhr.
Bernadette Pedersen, eine EEG-Technikerin des lokalen Krankenhauses, half mir die ersten Male mich
anzuschliessen. Obwohl die Ausrüstung - zwei Computer, ein Differentialverstärker der Neurosignale und
einige EEG-Elektroden - relativ einfach zu bedienen ist, braucht man Training und für therapeutische
Zwecke ist ein trainierter Arzt oder Psychologe vonnöten. Während etwa einer halben Stunde beobachte
ich ein Spiel: weisse Linien laufen in der Mitte einer Autobahn und ein Ton ist zu hören, wenn ich die
richtigen Gehirnwellen produziere. Etwa eine Stunde danach war mir, als hätte jemand einen Schalter
umgelegt. Die Welt sah klar und kristallin aus, seine Farben waren reicher. Mein Denken war schärfer
und ich spürte eine ruhige Form von Energie. Es hielt ein paar Stunden an.
Nach fünf oder sechs Sitzungen verlor sich dieser "Gott malt die Welt an"-Effekt, aber ich bemerkte
andere Veränderungen. Ich fühlte mich ruhiger und zentrierter, und sicherer in sozialen Situationen.
Speziell wichtig war mir, dass meine Morgenstunden weit produktiver wurden. Ich trinke gewöhnlich
meinen Kaffee und lasse mich in den Vormittag hineintreiben. Neulich stand ich auf und war bereit
fortzugehen. Nach der fünfzehnten Sitzung war die Veränderung unmissverständlich. Während dieser
Zeilen dauerte es einen Monat.
Ich war auch daran interessiert, eine andere Art des Trainings zu versuchen, bekannt als das Alpha-
Theta-Protokoll. Die Technik ist sehr verschieden von der in Beta. Es findet in den niedrigeren Registern
der Gehirnfrequenzen statt. Die erste EEG-produzierte Studie der Wirksamkeit des Alpha-Theta-
Protokolls bei Drogenmissbrauch wurde 1982 von Eugene Peniston begonnen, einem Forscher am Sam
Rayburn Memorial Veterans' Center in Bonham, Texas. Er behandelte zehn schwere Alkoholiker nur mit
traditioneller Beratung und zehn weitere mit dem zusätzlichen Element des Alpha-Theta-Training an
einem Neurofeedback Instrument. Peniston nahm an, dass Alkoholiker trinken, weil sie nicht auf
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natürliche Art in Alpha-Zustände gehen und daher von sich aus keine selbst-beruhigenden
Neurotransmitter produzieren können. Peniston reklamiert eine nie da gewesene Erfolgsrate von 80 %
bei der Gruppe die Neurofeedback benutzte - verglichen mit den schwachen 20 bis 30 % traditioneller
Therapien. Wegen seiner kleinen Zahl von Versuchspersonen sind jedoch weitere Studien notwendig um
seinen Anspruch zu stützen. Es gab seitdem weitere beeindruckende kleine Studien, aber noch mal, die
Heilungsrate scheint unwahrscheinlich hoch. Wir werden die Bedeutung dieser Therapie nicht
einschätzen können bis Ergebnisse grösserer Stichproben vorliegen. Alfonso Bermea, M. A., aus dem
Life Sciences Institut in Shawnee, Kansas, benutzt die Technik auch und sagt, "bei der üblichen Therapie
zwingen sich die Leute in positive Richtung, sie sagen 'verdammt, ich sollte nicht trinken'. Mit
Neurofeedback haben sie nicht länger das Bedürfnis zu trinken. Sie kämpfen nicht mehr gegen das
Verlangen an".
Alpha-Theta Training hatte einen angenehmen, jedoch nicht revolutionären Effekt bei mir selbst. Ich legte
mich auf eine Liege in meinem Büro und Bernadette schloss mich an. Ich schloss die Augen und begann
mich zu entspannen. Ich benutzte die EEG Spectrum Maschine, ein Bächlein begann zu murmeln als ich
Alpha produzierte. Als ich tiefer sank, hörte ich eine Serie von Alpha-Glöckchen. Sobald Theta ins Spiel
kam, hörte ich einen rauschenden Ozean und die tiefen hallenden "bongs" einer tibetanischen
Klangschale. Diese Töne halfen mir, etwa eine halbe Stunde an der Schwelle des Schlafes zu bleiben. Es
ist ein interessanter Platz, diese Zwielicht-Zone zwischen Schlaf und Wachsein. Während dieser Zeit
produzierte mein Geist eine Serie interessanter, traumgleicher Bilder, aber keines davon empfand ich in
meinen wenigen Sitzungen als bedeutsam.
Die Zukunft gestalten

Neurofeedback scheint bei der Behandlung einer Reihe von Problemen hilfreich zu sein, wie Epilepsie,
ADD, innere Kopfverletzungen und Suchtphänomenen. Ihre Anwendungen werden untersucht, aber alle
müssen noch kontrollierten Studien unterworfen werden. EEG Spectrum hat mehr als zweitausend Leute
klinisch behandelt in den vergangenen zehn Jahren - einige mit Problemen wie Tourette Syndrom, PMS,
Depression, Zähneknirschen, Migräne, Schlaflosigkeit , Anfälle, Menopause und chronische Schmerzen.
Die Journalistin Margaret Sachs unterzog sich einem Neurofeedback Training wegen ihrer Probleme mit
der Menopause, nachdem sie die dramatischen Fortschritte ihrer Tochter mit ADD gesehen hatte. "Ich
wachte mitten in der Nacht total nassgeschwitzt auf", sagt sie. "Und dann wälzte ich mich drei bis vier
Stunden ohne einschlafen zu können, als wenn ich unter der Wirkung von "speed" stände. Ein
angeborenes Herzklopfen kam hoch und verursachte einen schnellen und unregelmässigen Herzschlag.
Dramatische Stimmungswechsel begleiteten das ganze und ihre Periode wurde unregelmässig.
Nach zwanzig Sitzungen, so stellt sie fest, liess jedes einzelne Symptom nach. "Ich fühlte mich geerdet in einer Art wie ich es vorher nie kannte", sagt die 47 Jahre alte Frau. "Wenn ich in eine Situation geriet, die mich früher aus der Kontrolle geworfen hätte, blieb ich jetzt nicht nur ruhig, sondern ich dachte sofort an alles was jetzt wichtig war, anstatt erst später daran zu denken. Ich fühlte mich so unter Kontrolle, es war ein sehr schönes Gefühl." Einige Monate später zog ihre Familie um und die Situation war für eine Weile sehr stressig. Das gute Gefühl verliess sie. Sie brauchte einige Auffrischungs-Sitzungen um das Gefühl zurückzuholen. Wen nimmt es wunder, es gibt auch kritische Stimmen. Joel Lubar bezweifelt, dass Neurofeedback benutzt werden kann, um Probleme wie PMS oder Migräne behandeln zu können. "Das ist spekulativ", sagt er. "Es braucht Studien für diese Anwendungen." Viele Therapeuten sorgen sich, dass zuviel lockerer Optimismus den Ruf des EEG-Feedback ebenso beschädigen wird wie ungerechtfertigte Ansprüche dies in den Sechzigern mit dem Biofeedback taten. Viel Kritik kommt aus der Arena des ADD. "Es gibt einen enormen Placebo-Effekt in solchen Situationen," sagt Russel Barkley, Direktor der Psychologie und Professor für Psychiatrie sowie Neurologie an der Universität von Massachusetts. Er ist der Autor eines Buches über die Behandlung von ADD mit dem Titel: "Trotzige Kinder: der Umgang mit schwierigen Kindern". Er hat das Neurofeedback nicht studiert, aber er hat einige Studien begutachtet, und er betont, dass "high tech in medizinischer Umgebung einen hohen Placebo-Effekt hat; und einige Kinder verbessern ihren Zustand mit der Reifung." Andererseits "haben wir keine Studien die sagen, es sei schlecht für Dich. Ich glaube nicht, dass es sich ungünstig auswirken kann. Grundsätzlich ist es "des Käufers Risiko". Ansprüche, dass Neurofeedback die Gehirn-Physiologie ändern könne, so Dr. Barkley, "seien vollkommen unbegründet und unethisch". LIB Lerninstitut Basel, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 061 272 24 00, www.lerninstitut.ch File: LIB/Neurofeedback/Artikel/Angeschlossen an ein Wunder.doc Tatsächlich, alles was wir derzeit über Neurofeedback sagen können, ist, dass es uns Zugang verschafft zu unseren inneren Prozessen und es uns manchmal auf Wegen, die wir nicht vollständig verstehen, erlaubt sie zu regulieren. Die Ansprüche, die manche Therapeuten dem Neurofeedback geltend machen, alarmieren manche Forscher, aber Susan und Siegfried Othmer sind reuelos. Vor fünfzehn Jahren war ihr Sohn Brian einer der ersten, der wegen schwerer Epilepsie und Verhaltensstörungen behandelt wurde. Sie sahen dramatische positive Veränderungen in seiner Persönlichkeit und was seine physiologischen Probleme betraf, und so sagt Susan, "wir wussten sofort, dass wir uns damit beschäftigen mussten. Wir fanden heraus, dass es nicht wissenschaftlich ist enthusiastisch zu sein. Es tut uns leid, wir sind Eltern. Wir müssen dafür eine Lösung finden." Die Othmers haben heute etwa 300 Mitglieder, die ein gemeinsames Wissen repräsentieren, die ihre Informationen auf Konferenzen und übers Internet teilen. Es gibt noch einige weitere Firmen, die die Ausrüstung herstellen, darunter American Biotec in Ossining, New York. Die Neuigkeiten zum EEG breiten sich aus. Othmer schätzt, dass aus der Handvoll Therapeuten vor zehn Jahren weltweit fünfzehnhundert geworden sind. Vielleicht aus gutem Grunde. Barry Sterman glaubt es gebe keine Zweifel, dass physiologische Veränderungen stattfinden und er macht geltend, dass es einige sorgfältige Studien als Nachweis dafür gibt. Gemäss Joel Lubar "verbessert Neurofeedback den Blutdurchfluss durchs Gehirn. Blutdurchfluss, Metabolismus und elektrische Aktivität hängen eng miteinander zusammen." Vermehrter Blutdurchfluss ist dabei behilflich, dass das Gehirn sich selbst in den normalen Bereich hineinreguliert. Und Don Wight, Johannes Kinderneurologe, sagt, dass die Effektivität des Neurofeedback kein Placebo-Effekt ist. "Sie würden es bestätigen", sagt er. "Wenn die Kinder von der Medikation loskommen und davon wegbleiben und funktionieren können, dann würden Sie es bestätigen. Es ist real." Wenn Neurofeedback so gut arbeitet, warum ist es so gut wie unbekannt? Ein Grund mag sein, dass Neurofeedback in kein vorherrschendes medizinisches Modell passt. Praktisch alle Forschung übers Gehirn ist in der Sprache von Neurotransmittern und psychotropen Drogen und nicht in der von Frequenz oder mentale Übungen. Die Wissenschaft mag es, wenn die Medizin in die vorgegeben Schablonen passt. Othmer tadelt "das Allheilmittel Paranoia". Etwas das so gut arbeitet kann doch wohl nicht wahr sein. Es gibt natürlich ein paar Einschränkungen: es ist teuer, es ist zeitraubend und es muss von trainiertem Personal durchgeführt werden. Darüber hinaus stellt sich ein Problem mit dem therapeutischen Potential des Neurofeedback, das so etwas wie ein philosophisches Rätsel ist: wenn das Gehirn darauf trainiert werden kann, sich mit Depression physiologisch abzugeben, schliesst der Patient dabei die wichtigen Prozesse der Erkennung, des Verstehens kurz und auch das sich Auseinandersetzen mit einem tiefen psychologischen Problem? Und - um eine ganz neue Frage zu stellen - spielt das eine Rolle? Für viele Leute die es probiert haben, sind Debatten über Neurofeedback zweifelhaft. Wie Johannes Mutter es ausdrückt: "Es ist einfach eine Art Wunder für uns." aus psychology today Mai/Juni 98 von Jim Robbins aus dem Amerikanischen von Uwe Gerlach und Rainer Wiegand LIB Lerninstitut Basel, Münsterberg 1, CH-4001 Basel, Tel. 061 272 24 00, www.lerninstitut.ch File: LIB/Neurofeedback/Artikel/Angeschlossen an ein Wunder.doc

Source: http://www.lerninstitut.ch/Angeschlossen_Wunder.pdf

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