Zusammenfassung arzneimittel in der aquatischen umwelt zusammenfassung

Arzneimittel in der aquatischen Umwelt - Identifizierung
und Bewertung von Quellen und Maßnahmen zur
Reduzierung der Einträge für den Schutz des Trinkwassers
am Beispiel der Region Freiburg
Zusammenfassung
Gefördert vom Innovationsfonds der badenova AG Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene 1 Ausgangslage
Eines der aktuel en Probleme für die Gewässergüte wie auch für die Qualität des Trinkwassers ist die Belastung mit persistenten chemischen Stoffen. Standen vor einigen Jahren bei Untersuchungen der Gewässerbelastung vor al em Stoffe mit eutrophierender Wirkung, Schwermetal e und organische Stoffe in vergleichsweise hoher Konzentration im Mittelpunkt des Interesses, hat sich zwischenzeitlich gezeigt, dass auch Spurenstoffe im Konzentrationsbereich von wenigen µg/l und darunter für die Beschaffenheit der Gewässer von großer Bedeutung sind. Zu diesen Spurenstoffen, welche die Gewässergüte beeinträchtigen können, werden seit einiger Zeit auch Arzneimittelrückstände gezählt. Ziel des vorliegenden Projektes war es daher, für zwei Model gebiete in der Region Freiburg al e in Frage kommenden Quel en für den Eintrag von Arzneimittelrückständen in die aquatische Umwelt zu identifizieren und bezüglich ihrer Relevanz zu bewerten, und gleichzeitig technologische Möglichkeiten zur Reduzierung der Einträge auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen. Durch Kombination der beiden Ansätze sol ten sinnvol e, Erfolg versprechende und kostengünstige Konzepte zur Vermeidung und Reduzierung der Belastungen der Gewässer mit Arzneimittelrückständen abgeleitet werden, die dann auch auf andere Gebiete übertragen werden können. In einem Leitfaden sol ten Handlungsempfehlungen formuliert werden, in denen klar dargestel t wird, durch welche Maßnahmen präventiver und technischer Art an welchen Stel en die Einträge von Arzneimittelrückständen in die Gewässer um wie viel gesenkt werden können und Im Teilprojekt 1 (Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinik Freiburg) sol ten für die Model gebiete lokale Verbrauchs- und Eintragsdaten ermittelt werden. Dies beinhaltete auch die Frage, inwieweit sich lokale Gegebenheiten vom bundesweiten Durchschnitt unterscheiden, d. h. ob verfügbare bundesweite Daten für lokale Entscheidungen eine verlässliche Basis bilden oder nicht. Daher sol ten in diesem Teilprojekt Verbrauchsdaten ausgewählter, wichtiger Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen, unterschieden nach Krankenhäusern (und soweit möglich Altenheimen) und Verbrauch in den privaten Haushalten, im bundesweiten Maßstab wie auch im lokalen Maßstab erhoben werden. Bisherige Arbeiten haben gezeigt, dass eine paral ele analytische Erfassung ausgewählter Wirkstoffe vorteilhaft ist: Die Bilanzierung ergibt Durchschnittswerte über den Bilanzierungsraum und Bilanzierungszeitraum, wohingegen die analytische Begleitung es erlaubt, Spitzenkonzentrationen („worst case“) zu erfassen. Mit diesen Ergebnissen können dann möglicherweise als notwendig erachtete Risikominderungsstrategien diskutiert Im Teilprojekt 2 (Technologiezentrum Wasser, Karlsruhe) sol ten neben den begleitenden analytischen Untersuchungen zu Teilprojekt 1 Laborversuche zur Entfernung der ausgewählten Arzneimittelrückstände beim Einsatz verschiedener moderner Technologien durchgeführt werden. Verfahren wie die Adsorption an Aktivkohle, konventionel e und erweiterte Oxidationsverfahren (Umsetzung mit Ozon bzw. Ozon/Wasserstoffperoxid, UV-Bestrahlung oder kombinierter Einsatz UV/Wasserstoffperoxid) sol ten unter realitätsnahen Bedingungen im Labormaßstab getestet und auf ihre Wirksamkeit beurteilt werden. Zur Beurteilung des Einsatzes der einzelnen Verfahren in der Praxis sol ten neben der technischen Machbarkeit und der erzielbaren Reinigungsleistung auch wirtschaftliche Aspekte herangezogen 3 Ergebnisse
Im Rahmen der regionalen Bilanzierung zeigte sich, dass nicht die Krankenhäuser, sondern Privathaushalte Hauptverbraucher von Arzneimitteln sind. Der technische Ansatz, bereits in Krankenhäusern eine Eliminierung der Wirkstoffe zu erreichen – zum Beispiel durch separate Toiletten oder eine eigene Kläranlage – ist deshalb zur Reduzierung des Risikos nur bedingt geeignet. Stattdessen stel te sich heraus, dass die meisten Arzneimittelwirkstoffe im Privatbereich verbraucht werden und über die Kanalisation in die Kläranlage und anschließend die aquatische Umwelt gelangen können. Potenziale zur Reduzierung des Eintrages liegen deshalb vor al em in der persönlichen Verantwortung eines jeden Verbrauchers. Ärzte sol ten nur Arzneimittel verschreiben, wenn diese wirklich erforderlich sind und Patienten sol ten ungebrauchte Arzneimittel nicht über die Toilette oder den Hausmül entsorgen, sondern diese der Apotheke zurückbringen. Ein entworfenes Flugblatt zur Thematik zeigt in einfacher Weise auf, wie verantwortungsvol gehandelt werden kann. Um die Problematik einzelner Wirkstoffe bewerten zu können, wurden aus den in der Bilanzierung betrachteten 152 Substanzen, 24 Wirkstoffe für nähere Untersuchungen ausgewählt. Dabei spielten nicht nur die absolute Verbrauchsmenge und die zu erwartenden Umweltkonzentrationen eine Rol e, sondern auch chemo-physikalische Eigenschaften sowie pharmakologische Parameter. In den biologischen Abbautests zeigte sich, dass einige Substanzen nicht vol ständig mineralisiert, sondern nur Transformationsprodukte sind zum Teil bereits aus dem Humanmetabolismus bekannt, jedoch übersteigt die bakteriel e Enzymdiversität die menschliche um ein Weites. So können sich unter Umständen aus Wirkstoffen, die beim Menschen unverändert ausgeschieden wurden, in der Umwelt stabile Transformationsprodukte bilden, über die keinerlei Kenntnis hinsichtlich ihrer toxischen Eigenschaften besteht. Besonders eindrücklich zeigt dies das Beispiel Metformin. Dieses sehr häufig verwendete Antidiabetikum konnte in der regionalen Bilanzierung als das Medikament mit der größten Verbrauchsmenge ermittelt werden. Dieser Wirkstoff war bis jetzt nicht hinsichtlich seiner Umweltrelevanz untersucht worden. Beim Menschen wird dieser Stoff nicht metabolisiert, d. h. man würde in der aquatischen Umwelt nur den Ausgangswirkstoff erwarten. Die Identifizierung eines abbaustabilen Transformationsprodukts aus dem Zahn-Wel ens Test zeigte hingegen, dass Bakterien in der Kläranlage in der Lage sind, diesen Wirkstoff teilweise zu verstoffwechseln. Dies legt nahe, dass neben dem Ausgangswirkstoff Metformin, welcher schon in Oberflächengewässern nachgewiesen werden konnte], auch das Transformationsprodukt Guanylharnstoff in der Umwelt vorkommt. Die Tatsache, dass von 24 untersuchten Stoffen nur ein geringer Anteil vol ständig biologisch abbaubar war, stattdessen aber die große Masse unverändert blieb oder in Transformationsprodukte umgewandelt wurde, lässt aufhorchen und ein erstes Screening, ob diese Substanzen auch tatsächlich in der Umwelt nachweisbar sind und welch toxikologische Eigenschaften sie besitzen, wäre angezeigt. Die labortechnischen Untersuchungen zum Verhalten bei verschiedenen Technologien der Wasseraufbereitung zeigten, dass sich viele Arzneimittelwirkstoffe wirkungsvol durch konventionel e Verfahren entfernen lassen. Das Antiarrhythmikum Amiodaron, das Psychopharmakum Amitriptylin, das Diuretikum Triamteren und der Kalziumantogonist Verapamil lassen sich, nach den Ergebnissen der Laborversuche, sehr gut mittels oxidativen Verfahren, wie einer Ozonungsstufe oder erweiterten Oxidationsverfahren wie der Kombination aus Ozon und Wasserstoffperoxid oder der UV-Bestrahlung, entfernen. Auch die Aktivkohlefiltration stel t eine wirksame Barriere durchblutungsfördernde Mittel Pentoxifyl in lässt sich ebenfal s sowohl mit oxidativen Verfahren wie auch mit einer Aktivkohlefiltration aus dem Wasser entfernen, wobei die Effizienz insbesondere bei der Ozonung etwas geringer ist als für viele andere Arzneimittelwirkstoffe. Mit einer Reaktionszeit von 15 Minuten oder mehr lässt sich aber auch Pentoxifyl in gut mittels Ozonung aus dem Wasser entfernen. Sehr viel problematischer stel en sich das Antidementivum Piracetam und das Antidiabetikum Metformin aus Sicht der Trinkwasserversorgung dar. Beide Verbindungen reagieren aufgrund ihrer Struktur praktisch nicht mit Ozon und auch ihre Adsorbierbarkeit an Aktivkohle ist gering. Daher können diese beiden Wirkstoffe bei der Trinkwasseraufbereitung weder durch eine Ozonungsstufe noch durch eine Aktivkohlefiltration zurückgehalten werden. Erst durch den Einsatz erweiterter Oxidationsverfahren wie der kombinierten Anwendung von Ozon und Wasserstoffperoxid gelingt eine weitgehende Entfernung. Auch die Ultrafiltration stel t eine wirkungsvol e Barriere gegen Piracetam und Metformin dar, wobei bereits im Ultrafiltrationsmembran für diese beiden Stoffe geringer ist als für viele andere 4 Toxikologische Bedeutung von
Arzneimittelrückständen im Trinkwasser
Für eine einfache Betrachtung zur toxikologischen Relevanz des Auftretens von Arzneimittelrückständen im Trinkwasser kann davon ausgegangen werden, dass die Tagesdosen, die üblicherweise bei einem einzelnen Wirkstoff verabreicht werden, zumeist in einer Größenordnung von 10 bis 1.000 mg liegen, während selbst die höchsten Einzelstoffkonzentrationen, die bislang im Trinkwasser gemessen wurden, weniger als 1 µg/l betrugen. Damit liegt mehr als ein Faktor 10.000 zwischen den niedrigsten therapeutischen Dosen und den höchsten, in Einzelfäl en gemessenen Trinkwasserkonzentrationen. Al ein aus dieser Betrachtung folgt, dass bei den in Arzneimittelrückständen keine Gefährdung der menschlichen Gesundheit zu befürchten ist. Auch tiefer gehende wissenschaftliche Studien, bei denen mögliche Effekte von Mischungen verschiedener Arzneimittelrückstände (und Mischungen mit anderen Chemikalien) ebenso berücksichtigt wurden wie Langzeit-Effekte, ließen Arzneimittelrückstände im Trinkwasser erkennen. Für Arzneimittelrückstände wird wie für andere nicht bewertbare oder noch nicht bewertbare Stoffe seitens des Umweltbundesamts ein gesundheitlicher Orientierungswert (GOW) von 0,1 µg/l vorgeschlagen. Für Stoffe ohne Wirkschwel e (z.B. manche Zytostatika) wird ein Wert von 0,01µg/l in Trinkwasser als sicher durch das Umweltbundesamt angenommen. Bei Einhaltung des GOW, der einen Kompromiss zwischen gesundheitlicher Vorsorge, wasserwirtschaftlicher Vernunft und ästhetischem Qualitätsanspruch darstel t, sol te auch bei lebenslanger Aufnahme keine toxische Wirkung von dem Trinkwasser ausgehen. 5 Empfehlungen für Wasserversorgungsunternehmen
Wasserversorger sol ten ungeachtet der Tatsache, dass für Arzneimittelrückstände keine Grenzwerte in der Trinkwasserverordnung vorgegeben sind und dass bei den bislang nachgewiesenen Konzentrationen im Trinkwasser keine Gesundheitsgefähr- dung zu befürchten ist, die Bedenken der Verbraucher Ernst nehmen und versuchen, die Gehalte im Trinkwasser so niedrig wie möglich zu halten. Bei der Erwägung mög- licher Maßnahmen zur Reduzierung der Gehalte sol ten dabei nicht aufbereitungstechnische Optionen im Wasserwerk im Vordergrund stehen, sondern zunächst der Gewässerschutz und Forderungen nach der Reduzierung der Gehalte Mögliche Maßnahmen, die zu einer Reduktion der Gewässerbelastung mit Arzneimittelrückständen führen und die daher von den Wasserversorgern mit Nachdruck gefordert werden sol ten, sind: insbesondere • vermehrter Einsatz von „umweltfreundlichen“ Arzneimitteln, die weniger persistent sind und daher in der Kläranlage und in der Umwelt besser entfernt werden, • Reduzierung der produktionsbedingten Einleitungen in die Gewässer, • bessere Abwasserreinigung auch in kommunalen Kläranlagen, soweit dies möglich und vom Aufwand vertretbar ist , um noch mehr Spurenschadstoffe und nicht nur die Arzneimittelrückstände bereits vor dem Eintritt in die Gewässer zu • Verbesserung der Entsorgungswege für nicht eingenommene Arzneimittel, • Information von Patienten, Apothekern und Ärzteschaft über die Auswirkungen des Arzneimittelkonsums auf die Umwelt und über sinnvol e Entsorgungswege (Entsorgung über den Hausmül anstatt über die Toilette). Aus diesem Grund ist es für die Wasserversorger wichtig, dass sie bezüglich des Vorkommens von Arzneimittelrückständen in der Umwelt und im Trinkwasser auch über Strategien und Wege der Kommunikation mit dem Verbraucher nachdenken. In Straßenverkehr,…) haben wir es mit sehr viel größeren Risiken zu tun, so dass viele Verbraucher sicher auch bereit wären, geringe Restkonzentrationen an Stoffen im Trinkwasser zu akzeptieren, sofern man sie fachlich kompetent über die Zusammenhänge aufklärt und ihnen die mit dem Auftreten der Stoffe verbundenen (sehr geringen) Risiken erläutert. Eine solche Kommunikation setzt al erdings voraus, dass der Wasserversorger die Verhältnisse in seinem Einzugsgebiet, d. h. die Arzneimittelgehalte in seinen Rohwässern, die Wirksamkeit seiner Aufbereitung sowie die Gehalte in seinem Trinkwasser kennt und die Informationen auch entsprechend al gemeinverständlich aufbereitet an den Verbraucher weitergeben

Source: https://www.badenova.de/mediapool/media/dokumente/unternehmensbereiche_1/stab_1/innovationsfonds/abschlussberichte/2005_6/200503_arzneimittelinderaquatischenumwelt.pdf

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