Einstiege in die Frage nach dem Sch¨onen
These der Vorlesung: Das Sch¨one hat eine wichtigeFunktion im menschlichen Leben.
Nebenthese: Unser Zeitalter hat sich dagegen ziem-lich blind gemacht. – ”technisches“ Denken;derMensch als Produzent – Die Erfahrung des Sch¨onen kann das Bewußt-
sein unseres Zeitalters aufbrechen und sein phi-losophisches Vorurteil korrigieren.
Das Christentum kennt eine große Theologie desSch¨onen.
2. Die Sch¨onheit ist verd¨achtig.
Ist die Sch¨onheit nicht s ¨undhaft bzw. eine Quelle derS ¨unde?
– Luzifer (der ”Lichttr¨ager“) ist das sch¨onsteGesch¨opf.
Lenkt die Sch¨onheit nicht von der Realit¨at ab?
– Traum-Existenz – Eskapismus – Vernachl¨assigung der ethischen Verantwortung.
Dient die Sch¨onheit nicht der Ungerechtigkeit?
– Sch¨onheit ist ungerecht verteilt. – Die Reichen geniessen das Sch¨one, w¨ahrend die
Die Sch¨onheit ist nicht n ¨utzlich. – ”interessenloses Wohlgefallen“ – Sch¨onheit produziert nichts. – relativ, denn Sch¨onheit basiere auf einem (sub-
jektiven) Gef ¨uhl, nicht auf einer Wahrnehmungder objektiven Realit¨at
– Die Sch¨onheit sei eine Scheinwelt, in der man ein
k ¨unstliches Gl ¨uck erfahren kann.
Dieses Mißtrauen ist gerade in unserem Zeitalter be-sonders ausgepr¨agt.
3. Die Bedeutung des Sch¨onen in der Na-
”Das Sch¨onste, was wir erleben k¨onnen, ist das Ge-
heimnisvolle. Es ist das Grundgef ¨uhl, das an der Wie-ge von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer esnicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehrstaunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge er-loschen. Das Erlebnis des Geheimnisvollen – wennauch mit Furcht gemischt – hat auch die Religiongezeugt. Das Wissen um die Existenz des f ¨ur uns Un-durchdringlichen, der Manifestationen tiefster Ver-nunft und leuchtendster Sch¨onheit, die unserer Ver-nunft nur in ihren primitivsten Formen zug¨anglich
sind, dies Wissen und F ¨uhlen macht wahre Religio-sit¨at aus; in diesem Sinn und nur in diesem geh¨oreich zu den tief religi¨osen Menschen. Einen Gott, derdie Objekte seines Schaffens belohnt und bestraft, der
¨uberhaupt einen Willen hat nach Art desjenigen, den
wir an uns selbst erleben, kann ich mir nicht einbil-den. Auch ein Individuum, das seinen k¨orperlichenTod ¨uberdauert, mag und kann ich mir nicht denken;m¨ogen schwache Seelen aus Angst oder l¨acherlichemEgoismus solche Gedanken n¨ahren. Mir gen ¨ugt dasMysterium der Ewigkeit des Lebens und das Bewußt-sein und die Ahnung von dem wunderbaren Bau desSeienden sowie das ergebene Streben nach dem Be-greifen eines noch so winzigen Teiles der in der Natursich manifestierenden Vernunft.“1
4. Die Sch¨onheit in der erotischen Liebe
Goethe: ”Die Liebesneigungen einer unverdorbenen Ju-
gend nehmen durchaus eine geistige Wendung. Die Naturscheint zu wollen, daß ein Geschlecht in dem anderen dasGute und Sch¨one sinnlich gewahr werde.“
Josef Pieper: ”So zu lesen in dem Lebensbericht des reifen
Goethe, Dichtung und Wahrheit. Es ist die Begegnung mit
sinnlicher Sch¨onheit, worin, wenn es mit rechten Dingenzugeht, in der Tat die erotische mania sich als eine Grundge-
stalt des entr ¨uckenden und sogar des gottgeschickten Au-ßersichseins ereignen kann. Sch¨onheit, sofern der Menschsich ihr offenen Geistes stellt, vermag ihn tiefer als sonstirgendein ’Wert‘ zu treffen und auch betroffen zu machen. ’Hinreißend‘ nennt auch der allt¨agliche Sprachgebrauch
vor allem das Sch¨one. Der Hingerissene aber ist gera-de nicht ein Begehrender. Wer begehrt, ist ja keineswegsentr ¨uckt oder gar außer sich, er ist durchaus bei sich, erweiß ganz genau, was er will. Und Platon t¨auscht sich
1Albert Einstein, ”Wieich dieWelt sehe“, in: MeinWeltbild(Frankfurt,
1984), 7–10 [zitiert nach Lust an der Erkenntnis: Die Philosophie des 20. Jhs.,
Hrsg. V. Spierling (M ¨unchen/Z ¨urich: Piper, 1986), 231].
nicht dar ¨uber, daß vieles und vielleicht das meiste vondem, was ’Liebe‘ zu sein vorgibt, in Wahrheit Begehren
ist. Und er weiß, daß wirkliches Hingerissensein durchSch¨onheit etwas Seltenes ist. Aber er besteht darauf, daßin diesem seltenen Fall sich das realisiere, worauf alle Be-gegnung mit Sch¨onheit angelegt ist, n¨amlich hinzuwei-sen auf etwas, das jenseits des Hiesigen liegt. Darin istSch¨onheit mit nichts auf der Welt zu vergleichen. Es m¨ogenuns noch so imponierende Verk¨orperungen der Weisheitoder der Gerechtigkeit begegnen, sie entr ¨ucken uns nicht. Die ¨außerste uns zugedachte Vollendung auf der anderenSeite des Todes vermag Platon gar nicht anders sich vorzu-stellen, denn als die Begegnung mit dem G¨ottlich-Sch¨onen. Dann erst, so heißt es in Platons Symposion, dann erst, wenn
¨uberhaupt und irgendwann, ist dem Menschen das Leben
in Wahrheit lebenswert. Daß anderseits sinnlich-irdischeSch¨onheit, woran sich die erotische Ersch ¨utterung allererstentz ¨undet, dem wahrhaft Liebenden gerade nicht Gen ¨ugetun kann, davon ist Platon gleichfalls ¨uberzeugt. Und nichtPlaton allein.
’Das Sch¨one ist nicht so wohl leistend als versprechend.‘
Das ist, einigermaßen ¨uberraschend, gleichfalls eine goe-thesche Sentenz. ¨Ubrigens hat er das hier, in M ¨unster, indem Kreise der F ¨urstin Gallitzin ge¨außert. Wir erfahren,heißt das, in der Entz ¨uckung durch Sch¨onheit nicht so sehrBefriedigung und Genuß, als vielmehr die Hervorrufungeiner Erwartung, die vielleicht in dieser leibhaftigen Exi-stenz gar nicht gestillt werden kann? Fragezeichen! Damitist fast ein anderer, ein moderner Autor, Paul Claudel, zi-tiert, bei dem es heißt: ’Die Frau ist das Versprechen, das
nicht gehalten werden kann, aber eben darin besteht meineGnade.‘ Sowohl Goethe wie Claudel stimmen hierin offen-bar mit Platon ¨uberein: Die erotische Ersch ¨utterung in derBegegnung mit leibhaftiger Sch¨onheit bedeutet nicht Hei-mischwerden im Hiesigen, sondern ¨Offnung des innerenDaseinsraumes auf eine unendliche Stillung hin, die ’hier‘
Edgar Allan Poe: ”Ich habe mich also bem¨uht, wenn
auch sehr kursorisch und unvollkommen, meine Auf-fassung ¨uber das Poetische Prinzip darzulegen. Mei-
Interpretation“, in: Aufkl¨arung durch Tradition. Symposion der JosefPieper Stiftung zum 90. Geburtstag von Josef Pieper, Mai 1994 in M¨unster,
hrsg. von Hermann Fechtrup, Friedbert Schulze u. Thomas Sternberg(M ¨unster, 1995), 160–161.
ne Absicht war zu zeigen, daß dieses Prinzip selbstgenau und einfach das Streben des Menschen nachder h¨ochsten Sch¨onheit [’the Human Aspiration for
Supernal Beauty‘] ist, und daß es sichtbar wird ineiner erhebenden Erregung der Seele, die stets ganzunabh¨angig von jener Leidenschaft ist, die das Herzberauscht, oder von der Wahrheit, die dem VerstandGen ¨uge tut. Denn was die Leidenschaft angeht, soist sie, ach! eher geeignet, die Seele zu erniedrigenstatt zu erheben. Liebe dagegen – Liebe – der wah-re, der g¨ottliche Eros [. . . ] ist fraglos der reinste undechteste aller dichterischen Gegenst¨ande. Und wasdie Wahrheit anbelangt: falls wir, nat ¨urlich durch dieErkenntnis einer Wahrheit, zur Erfahrung einer Har-monie gelangen, wo vorher keine offenbar war, soversp ¨uren wird sogleich die echte dichterische Wir-kung – doch diese Wirkung beruht allein auf derHarmonie und nicht im mindesten auf der Wahrheit,die einzig dazu diente, die Harmonie offenkundig zumachen.“3
”Ein Gef ¨uhl f ¨ur das Sch¨one sitzt mithin offenbar als
unausl¨oschlicher Instinkt tief im Inneren des Men-schen [’An immortal instinct deep within the spi-
rit of man is thus plainly a sense of the Beautiful‘]. Es bewirkt sein Entz ¨ucken [’delight‘] an den man-
nigfachen Formen, Kl¨angen, Ger ¨uchen und Empfin-dungen, die ihn umgeben. Und wie sich die Lilieim See wiederholt oder die Knospe einer Amaryl-lis im Spiegel, so bildet die bloße m ¨undliche oderschriftliche Wiederholung dieser Formen, Kl¨ange,Farben,Ger ¨uche und Empfindungen eine doppelteQuelle des Entz ¨uckens. Doch diese reine Wiederho-lung ist noch nicht Dichtung. Wer, wenn auch mitnoch so gl ¨uhender Begeisterung oder noch so leb-hafter Wahrheit der Schilderung, einfach von denBildern, Kl¨angen, Ger ¨uchen, Farben und Empfin-dungen singt, die ihm, gemeinsam mit der ganzenMenschheit begegnen: der vers¨aumt doch, behaupteich, seinen erhabenen Anspruch zu rechtfertigen. Inder Ferne liegt noch immer ein Etwas, das er nicht er-langen konnte. Und es bleibt weiterhin ein unl¨oschba-rer Durst, den zu stillen er uns nicht die kristallenenQuellen gewiesen hat. Dieser Durst ist Teil des Un-sterblichen Im Menchen. Er ist zugleich Symptom[’consequence‘] und Symbol der immerw¨ahrenden
3Edgar Allan Poe, ”Das poetische Prinzip“, (zuerst 1850 erschienen)
Werke, Bd. IV, hrsg. v. K. Schuhmann, ¨ubers. v. R. Kruse (Olten, 1973), S.
menschlichen Existenz [’an indication of his peren-
nial existence‘]. Er ist die Sehnsucht der Motte nachdem Stern. Er ist nicht die bloße Best¨atigung [’ap-
preciation‘] der Sch¨onheit vor uns – sondern einungest ¨umes Bem ¨uhen, in die Sch¨onheit droben ein-zugehen [’reach the Beauty above‘]. Begeistert und
ekstatisch die Herrlichkeiten jenseits des Grabes vor-herwissend [’Inspired by an ecstatic prescience of the
glories beyond the grave‘], streben wir danach, durchvielgestaltige Verbindungen zwischen den Dingenund Gedanken der Zeitlichkeit [’Time‘] ein St¨uck je-
ner Seligkeit [’Loveliness‘] zu erwerben,deren eigent-
liche [’very‘] Elemente vielleicht allein der Ewigkeit
angeh¨oren. Und wenn uns daher Dichtung – oderMusik, die hinreißendste unter den poetischen Er-scheinungen – zu Tr¨anen r ¨uhrt, so weinen wir nicht[. . . ] aus ¨uberm¨aßigem Entz ¨ucken [’through excess of
pleasure‘], sondern aus einer gewissen ¨argerlichen,ungeduldigen Trauer ¨uber unser Unverm¨ogen, jetzt,vollst¨andig, hier auf Erden, ein f ¨ur allemal, jene g¨ottli-chen und ¨uberw¨altigenden Freuden zu erlangen, vondenen wir durch die Dichtung oder durch die Musiknur fl ¨uchtige und unbestimmte Blicke erhaschen. Das Streben, die h¨ochste Seligkeit zu fassen [’The
struggle to apprehend the supernal Loveliness‘] –dieses Streben der daf ¨ur geschaffenen Geister –, hatder Welt all das geschenkt, was die [die Welt] seitjeher sogleich als poetisch zu verstehen und zu emp-finden vermochte.“4
Xavier L´eon-Dufour, W¨orterbuch zum Neuen Testament
(M ¨unchen: K¨osel, 1975) f ¨uhrt den Begriff nicht an,obwohl das W¨orterbuch ersch¨opfend zu sein bean-sprucht. – ”[.] zur Auswahl der W¨orter. Wir sch¨atzen,
daß wir [. . . ] all die Begriffe (mehr als tausend)
aufgenommen haben, die einer Erkl¨arung bed ¨urfen,zu welchem Sachbereich immer sie auch geh¨orenm¨ogen. [. . . ] Es handelt sich also um ein echtesW¨orterbuch, das [. . . ] vollst¨andig ist.“ (S. 6)
G. Kittels Theologisches W¨orterbuch zum Neuen Testa-ment (Stuttgart, 1933 ff.) enth¨alt zwar einen l¨angeren
Artikel, setzt den biblischen Begriff des Sch¨onen aberdeutlich von dem griechischen Begriff ab. – ”Vom griechischen Denken her f¨allt zun¨achst
auf, wie gering die Rolle ist, die der Begriff imAT (und LXX) spielt. Von dem kalˆon im Sinneplatonischen und hellenistischen Denkens istkeine Rede. Das Problem des Sch¨onen tritt ¨uber-haupt nicht in den Gesichtskreis des biblischenDenkens, denn diese Feststellungen gelten ge-nau so f ¨ur das NT.“ (545)
einfach mit ”gut“ (meist im moralischen Sinne) iden-
– Kittels W¨orterbuch: ”In den meisten F¨allen be-
zeichnet kal´os, kal´on sittlich gut im Rahmen derat.lich-j ¨udischen Ethik und ist v¨ollig synonymmit agath´os gebraucht.“
– Belege werden nicht angegeben. – Gewiß liegen ”gut“ und ”sch¨on“ nahe zusam-
men, aber es fragt sich, ob sie wirklich identischsind. – vgl. die (sehr wichtige) griechische Redewen- – Sch¨on-und-gut-heit; Kalokagathia ( ✄✆☛
sowohl politisch-gesellschaftlich als auchethisch-geistig von Bedeutung bei den Grie-chen
vollendete Tugend (Charakter) (Aristoteles)
ein Mann, der fromm und gerecht, wei-se und verst¨andig, m¨aßig und t ¨uchtigin seiner T¨atigkeit ist, dessen Lebens-haltung nach jeder Hinsicht in Ordnungist. (Kittels W¨orterbuch, 541)
Allein in der Kalokagathia ist die Gl ¨uckse-ligkeit gegeben. – Eine Ausnahme im AT wird vom W¨orterbuch
”Nur an einer Stelle mag etwas vom griechischen
Sch¨onheitsbegriff hereinspielen: in der ¨Uberset-zung der Sch¨opfungsgeschichte des Priesterko-dex. Das abschließenden Urteil in Gn 1, 31, [. . . ]das die Urteile in 1, 4. 10. 12. 18. 25 aufnimmt,
– Warum kommen gelegentlich beide Begriffe im
Lk 8, 15 (Deutung des Gleichnisses vomS¨amann):
Erdreich aber, das sind die, welche das Wort,das sie geh¨ort haben, in einem edlen [sch¨onen;
bewahren und Frucht bringen in Beharrlich-keit.“
Vgl. R¨om 7, 18–21 (wo die beiden Begriffgleichbedeutend zu sein scheinen). – Stellen, wo das griechische Wort kal´on mit ”gut“
die Liebeswerke: die ”gute“ Tat (Mt 5,16 u.
”Ich bin der gute Hirt“ (Jo 10, 11.14)
R¨om 12, 17: ”Vergeltet niemand B¨oses mit
B¨osem; seid vor allen menschen auf das ’Gu-
1 Tim. 6, 12: ”K¨ampfe den ’guten‘ Kampf des
1 Tim. 4, 4–6: ”Denn alles, was Gott geschaf-
fen hat, ist ’gut‘, und nichts ist verwerflich,
wenn es mit Danksagung genommen wird. Wird es doch geheiligt durch Gottes Wortund Gebet. Wenn du dies den B ¨urdern vor-tr¨agst, wirst du ein ’guter‘ Diener Christi Je-
”ein ’gutes‘ Gewissen zu haben“ (Hb 13, 18)
Vgl. R¨om 12, 17; 1 Tim. 6, 12; 1, 18. – = die indirekte Wahrnehmung der h¨oheren Stufe
Texte zum Vergleich: R¨om 1, 18–32; Weish 13, 10–15,19
PEAK LED SOLUTIONS PRODUCT LINE MOUNTAIN SERIES EIGER: The Eiger is a small pocket LED flashlight that uses a single AAA size battery and the latest high performance LED. It is available in black Anodized Aluminum, Brass, Stainless Steel, Gold plated brass and in limited runs of Titanium. Eight different power levels can be ordered to tailor the light to your requirements and three
BRIEF COMMUNICATIONS Potentiation of Vitamin K Pulse high-dose intravenous methylprednisolone Antagonists by High-Dose is widely used for the treatment of flares in Intravenous Methylprednisolone inflammatory and autoimmune diseases (1). Most ofthese diseases carry a risk for venous and arterialocclusion (2–4). In addition, patients may have in-dividual indications for oral antico