„Eine spezifische Prophylaxe ist noch nicht möglich.“ Interview mit Prof. Dr. med. Christoph Hock von der Psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich Immer wieder vernehmen wir, die Wissenschaft sei nahe dran an der Entwicklung eines Medikamentes gegen Alzheimer. Perspektiven befragte Christoph Hock von der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich zum Stand der Forschung. Perspektiven: Die Medizin kann heute den Verlauf einer Alzheimer-Krankheit verzögern. Wie funktioniert das? Christoph Hock: Die Medizin ist heute leider nur sehr begrenzt in der Lage den Verlauf der Alzheimer-Krankheit zu verzögern. Die heute zugelassenen Medikamente wirken nur symptomatisch und führen zu einer Stabilisierung der kognitiven Fähigkeiten sowie Alltagskompetenzen meist für etwa ein Jahr. Wie lange und in welchen Phasen kann der Krankheitsverlauf verzögert werden? Christoph Hock: Der oben genannte verzögernde Effekt ist für leichte bis mittlere Stadien nachgewiesen worden. Zusätzlich gibt es neue Hinweise für eine vergleichbare Wirksamkeit bei fortgeschrittenen Demenzstadien. Das Medikament Reminyl wird bereits bei leichten und mittleren Formen von Demenz eingesetzt. Jetzt laufen Tests mit schweren Formen von Alzheimer. Gibts schon Erkenntnisse? Christoph Hock: Es gibt Hinweise, dass der verzögernde Effekt auf den Krankheitsverlauf auch bei Patienten mit schweren Formen der Alzheimer-Demenz vorhanden ist. Grössere Studien hierzu laufen, endgültige Ergebnisse liegen noch nicht vor. Wie sieht es bei anderen Formen der Demenz aus? Gibts da schon taugliche Medikamente? Christoph Hock: Klinisch positive Effekte wurden bei der Gabe von Acetylcholinesterasehemmer bei Patienten mit Parkinson-Demenz und vaskulären Demenzen berichtet. Ihre viel versprechende Forschung mit dem Eiweiss Amyloid-beta hat vor drei Jahren einen Rückschlag erlitten, weil es nicht für alle Patienten verträglich war. Glauben Sie noch an eine erfolgreiche Therapie mit diesem Medikament? Christoph Hock: Derzeit wird in vielen Bereichen der Pharmaindustrie wie auch an den Universitäten an verbesserten Formen einer Impfung gegen Alzheimer gearbeitet, insbesondere wird versucht die Verträglichkeit zu verbessern und die Wirksamkeit zu optimieren. Ob diese weltweiten Bemühungen von Erfolg gekrönt werden, ist derzeit noch völlig offen. Laufen auch andere viel versprechende Forschungen in Zürich oder an anderen Orten? Christoph Hock: Die Forschungsbemühungen zur Entwicklung einer verträglichen und wirksamen Therapie der Alzheimer-Demenz laufen weltweit, sowohl an den Universitäten als auch in der pharmazeutischen Industrie und vielen Unternehmen der Biotechnologie. Wann wird es Ihrer Ansicht nach Medikamente geben, die Demenz (speziell Alzheimer) stoppen oder gar rückgängig machen können? Christoph Hock: Diese Frage ist zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht zu beantworten. Warum bekommen immer mehr Menschen Alzheimer? Christoph Hock: Die Häufigkeit der Alzheimer-Demenz nimmt mit den demographischen Veränderungen unserer Gesellschaft zu. Die Prävalenzraten sind an den Anteil der älteren Menschen in der Bevölkerung gekoppelt und entsprechend bildet sich eine Zunahme der Häufigkeit von Demenzen und andere altersassoziierten Erkrankungen ab. Müssen wir alle das Risiko, an Demenz zu erkranken, einfach hinnehmen? Oder können wir etwas tun, damit wir weniger gefährdet sind? Christoph Hock: Eine spezifische Prophylaxe der Demenz ist noch nicht möglich. Zahlreiche epidemiologische Studien weisen jedoch auf präventive Effekte von allgemeiner körperlicher und geistiger Aktivität sowie gesunder Ernährung hin. Haben Sie weitere Anmerkungen zum Thema? Christoph Hock: Neben der Entwicklung neuer besser wirksamer und gut verträglicher Medikamente zur Prävention der Alzheimer-Demenz ist der Verbesserung der Lebensqualität der demenzkranker Patienten und ihrer pflegenden Angehörigen grösste Aufmerksamkeit zu schenken. Deshalb ist der Arbeit der Alzheimervereinigung sowie der innovativen Entwicklungsarbeit von Demenzpflegeheimen, wie z.B. das Pflegeheim Sonnweid in Wetzikon, besonderer Dank und Annerkennung auszurichten. Interview: Martin Mühlegg 2006 Sonnweid, Wetzikon
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